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Zusammenfassung: Waldorfpuppen sind heute auf jeden Fall noch zeitgemäß, gerade weil sie sich vom Zeitgeist unterscheiden. Ihre zurückhaltende Ästhetik tut einem Kind gut. Die Welt wird immer bunter und lauter. Viele kleine Kinder vertragen das nicht gut. Eine Waldorfpuppe bildet einen kleinen Gegenpol. Zudem handelt es sich bei einer solchen Puppe um ein Einzelstück. Oft werden sie speziell für ein bestimmtes Kind angefertigt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Begriff Waldorfpuppe von den vielen kleinen Manufakturen eigentlich nicht verwendet werden darf. Die Namensrechte liegen beim Bund der Freien Waldorfschulen, die eine Lizenz an Käthe Kruse vergeben haben. Individuell gefertigte Puppen sind immer Stoffpuppen nach Waldorfart. Puppen, die direkt in Waldorfschulen gefertigt werden, dürfen jedoch trotzdem diesen Namen tragen. Viele der Kruse Puppen sind jedoch nicht so “waldorf-artig”, wie man es vermuten würde. Am ehesten hat das Modell Schatzi in meinen Augen den zurückhaltenden Gestus.

Die kleine Manufaktur Nanchen macht ebenfalls Stoffpuppen mit einer sehr zurückhaltenden Ausstrahlung, welche die Fantasie der Kinder anregen können. Die Gesichter sind gemalt und haben einen großen Wiedererkennungswert. Dem Begründer der Waldorfpädagogik wären sie wahrscheinlich trotzdem zu sehr ausgearbeitet.

Was ist eine Waldorfpuppe?

Eine Waldorfpuppe unterscheidet sich stark von den meisten Puppen aus dem Spielzeughandel. Waldorfpuppen sind vollständig aus natürlichen Materialien gefertigt, aus Wolle und Stoff. Sie sind weich und anschmiegsam. Ein ganz typisches Merkmal ist ihr zurückhaltender Gesichtsausdruck. Dem Kind soll so die Möglichkeit gegeben werden, im Spiel jede Empfindung in die Puppe hineinzudenken. Ursprünglich hatten die Waldorfpuppen gar kein ausgearbeitetes Gesicht. Einem Erwachsenen mag das seltsam erscheinen, für Kinder ist es jedoch kein Problem, ganz im Gegenteil. Sie denken sich einfach alles in die Puppe hinein, die so jedes Spiel mitmachen kann.

Diese Marionetten-Puppe hat meine Tochter in der Schule genäht.

Aus meiner Praxis: Ganz selten werden einmal Puppen ohne Nase gewünscht. Das ist für die meiste Erwachsenen ein sehr ungewohnter Anblick. Ihr könnt aber sicher sein, das Kind sieht die Nase, in seinen Augen fehlt nichts! Übrigens: Die Nase ist immer der empfindlichste Teil an einer Puppe. Wird sie viel geliebt, dann scheuert der Trikotstoff an dieser Stelle schnell durch.

Immertreu Stoffpuppe

Die Grundlage der Waldorfpuppe ist die Waldorfpädagogik

Rudolf Steiner, der Begründer der Waldorfschulen, plädierte dafür, mit einem Spielzeug immer die Fantasiekräfte des Kindes anzuregen. Am besten seien dafür natürliche Materialien wie Holz, Wolle, Filz und mit Pflanzenfarben gefärbte Tücher in sanften Farben geeignet. Harte Kontraste und starre geometrische Formen lehnte er ab. Ein kleines Kind soll vor allem schöne Dinge zu sehen bekommen, denn das prägt es. Steiner war jedoch nicht der erste, der so dachte. Auch Jean Paul, eigentlich Johann Paul Friedrich Richter, ein deutscher Dichter, Publizist und Pädagoge, glaubte, dass alle Dinge, mit denen das Kind zuerst in Berührung kommt, es für immer prägen.

Alles Erste bleibt ewig im Kinde;
die erste Farbe, die erste Musik, die erste Blume,
bilden den Urgrund des Seins.
Jean Paul

Ich denke, vor allem beim Material können Waldorfpuppen oder Puppen nach Waldorfart auch heute noch überzeugen. Sie sind komplett aus Stoff gefertigt und mit Schafwolle gefüllt. Dadurch sind sie auch nur mit der Hand waschbar. Viele Eltern mag das abschrecken, doch eines sollte man nicht vergessen: Eine Puppe ist eine kleine Persönlichkeit und für ein Kind wie ein kleiner Freund. Und seine Freunde steckt man nicht in die Waschmaschine… Wer einmal eine warme und weiche Stoffpuppe in den Armen gehalten hat, der wird verstehen, was ihren Liebreiz ausmacht…den eine Puppe aus Plastik meistens nicht erreichen kann.

Was das Aussehen betrifft, hat sich heute jedoch vieles verändert. Die Technik des Puppenmachens wurde aufgegriffen, neu interpretiert und zur Perfektion gebracht. Besonders die Ausarbeitung der gefilzten Gesichter lässt den Betrachter häufig staunen. Bäckchen, Lippen, Grübchen, Näschen – oft sehen die kleinen Wesen fast realistisch und, wenn sie gut gemacht sind, immer sehr hübsch aus. Besonders die amerikanischen Kolleginnen sind hier ganz weit vorn. Manche Puppen werden für Hunderte Dollar verkauft – und sind dann wirklich nur Sammlerstücke.

Die Pflege einer Stoffpuppe

Eigentlich ist die Pflege einer Waldorfpuppe oder Puppe nach Waldorfart nicht schwer. Die Schafwolle wirkt antibakteriell und gegenüber dem Aussehen sind Kinder deutlich toleranter als Erwachsene. Sie machen sich die Puppe richtig “zu eigen”. Wenn es einmal sein muss, dann kann die Stoffpuppe nach Waldorfart ein warmes Bad mit etwas Wollwaschmittel nehmen. Nicht reiben, nicht zu fest drücken und Geduld haben! So gelingt die Pflege leicht.

Wollt ihr wissen, warum ich Puppen mache? Dann lest hier weiter:

Wie ich zum Puppenmachen kam

Ich kann mich noch ziemlich gut an meinen ersten Kontakt mit Waldorfpuppen erinnern. Es ist jetzt beinahe 20 Jahre her. Meine Töchter gingen auf die Waldorfschule und besuchten den alljährlichen Weihnachtsbasar. Leider ohne mich, denn ich war gerade schwanger, es gab Komplikationen und ich musste das Bett hüten. Da ich jedoch hier und da schon einmal gehört hatte, wie jemand ehrfürchtig das Wort Waldorfpuppe aussprach, war meine Neugier geweckt. Ich bat meine Töchter, mir ein Püppchen mitzubringen. Ich bekam eine süße kleine Puppe in Orange und Grün und ein Dekorationspüppchen in Weiß und Gold. Ich war ganz fasziniert, denn sie sind so anders als die Puppen aus dem Handel. Jede ist wirklich einzigartig! Darum war ich sehr froh, als wir 2004 in der Krabbelgruppe meiner Jüngsten gemeinsam Schlamperle (Puppen im weichen Stoffkörper mit Armen und Beinen) nähten. Obwohl wir die gleiche Lehrerin hatten, sah jedes Püppchen ganz anders aus. Ich habe seit meiner Kindheit Freude am Gestalten, aber das war eine ganz neue Erfahrung für mich – wie faszinierend, aus etwas Schafwolle und ein bißchen Stoff ein kleines Wesen entstehen zu lassen, das dann freudestrahlend in die Arme geschlossen wird!

Meine erste Puppe habe ich für meine Tochter genäht – aus rosafarbenem Frottee. Sie hat über die Jahre ein wenig gelitten, aber das macht sie nicht weniger schön.

Die Gründung von Immertreu

Ich muss sagen, dass ich das Puppenmachen in der Zwischenzeit aus den Augen verlor. Als ich jedoch einmal bei einer anthroposophischen Ärztin war, entdeckte ich im Wartezimmer eine ganze Reihe an Waldorfpuppen. Alles handgemachte Individuen, und die Ärztin erzählte mir auch, wie teuer diese gewesen waren. Bei dem Preis hätte ich mir damals eine solche Puppe niemals leisten können. Also begann ich wieder, sie selbst zu nähen. Einerseits wollte ich selbst welche haben, andererseits erschwingliche Modelle entwerfen.

Ich habe dann einige Puppen genäht, für meine Tochter, für die Kinder von Freunden, ich habe experimentiert und kleine Herzchen und Sterne mit Köpfchen genäht, Puppen im Säckchen und Puppen mit Beinen, Kleine und Große. Ich besaß keine Nähmaschine, ich habe jede einzelne Naht von Hand geschlossen und jedes einzelne Haar mit Mohairgarn aufgenäht. Das war meine “Lehrzeit”.

Weihnachten 2005 bekam ich dann eine Nähmaschine und natürlich ging dann alles viel schneller. Ich nähte nun auch Gliederpuppen, meine Lieblinge blieben jedoch immer die Püppchen im weichen Stoffkörper. Als ich mein Studium der Philosophie nach der Babypause wieder aufnahm, gab es eine Zeitlang weniger Raum für meine handwerkliche Arbeit. Immerhin galt, es den Alltag mit drei Töchtern, das Studium, das Engagement in der Schule und die kleinen und großen Herausforderungen des Lebens zu organisieren. Nach einigen Praktika in verschiedenen Firmen und der Erkenntnis, das keine dieser Arbeiten mein Herz berührte jedoch, wagte ich 2007 den Schritt in die Selbständigkeit und gründete mein Label “Immertreu”. Ich professionalisierte meine Arbeit mit den Puppen, baute meine erste homepage, begann zu bloggen, handelte mit Puppenmachermaterial und schrieb mein erstes ebook, damit auch andere Mamas ein Püppchen für ihr Kind herstellen können. Einige Jahre war ich hauptberuflich Puppenmacherin und habe als alleinerziehende Mutter meine kleine Familie mit diesem schönen Handwerk versorgt. Das war nicht immer leicht, wie manche sich vorstellen können!

Auch heute verschicke ich noch Puppen-Post <3


Seitdem ist viel passiert. Die viele Handarbeit geht sehr auf die Hände, und so glücklich mich das Handwerken macht, mir fehlte ein wenig der Ausgleich “im Kopf”. Heute schreibe ich hauptberuflich und mache meine Immertreu Stoffpuppen nach Waldorfart im Nebenerwerb. Für mich die perfekte Mischung! Denn eines ist klar: Waldorfpuppen sind sehr niedliche und wertvolle Spielzeuge und natürlich Sammerlobjekte für Große. Es wäre schlimm, wenn sie aus der Welt verschwinden würden, denn sie sind etwas ganz Besonderes. Zart, weich, mit einem besonderen Duft nach Schafwolle (und Lavendel) und bereit, der treueste Begleiter eines Kindes zu werden. Und wenn mich solche Bilder erreichen:

Nach Jahren immer noch: Liebe <3

…dann weiß ich, das ich noch ganz lange Puppen nähen werde. Danke fürds Lesen!